Stolpersteine Lich

STOLPERSTEINE LICH

Familie Julius und Irene Bamberger,

Kolnhäuser Straße 15
Stolpersteine zur Erinnerung an Menschen, die hier bis zu ihrer Flucht gelebt haben.

Dies sind:

  • Julius Bamberger,
  • seine Ehefrau Irene, geborene Mayer,

ihre beiden Kinder

  • Renate
  • Hugo Horst

und die Schwiegermutter

  • Johanna Mayer.

Die Kolnhäuser Straße hieß damals noch Butzbacher Straße.

Julius Bamberger gehörte zu den alteingesessenen Muschenheimer Familien. Er ist am 7. Juli 1891 in Muschenheim geboren (Stadtteil von Lich).

Er war Viehhändler, genau wie sein älterer Bruder Ludwig.

1926 heirateten er und Irene Mayer aus Wohnbach. Die Tochter Renate wurde am 19.07.1930 geboren, der Sohn Hugo Horst am 09.05.1932.

1929 hatte das Ehepaar zusammen mit Bruder Ludwig dieses Haus und einen Grabgarten in den „Gründerchen Gärten“ gekauft

Zusätzlich hat das Evangelische Marienstift der Familie die Nutzung eines Geländes hinter dem Pfarrgarten als Bleichplatz gestattet und für 5 Mark jährlich verpachtet.

1931 kommt Bruder Ludwig, nachdem das Elternhaus in Muschenheim verkauft ist, ebenfalls nach Lich und zieht mit der gemeinsamen Mutter Rosa Bamberger hier ein.

1932 gründen die beiden die Firma Gebrüder Bamberger Viehhandel.

Johanna Mayer ist 1932 nach dem Tod ihres Mannes und ihrer Tochter Paula (Irenes Schwester) in dieses Haus gezogen.

Was geschah nach 1933?

1935, als eine Verlängerung des Pachtvertrages für das Kirchenstück, den Bleichplatz, anstand, hat die Kirchengemeinde beim Dekanat in Hungen angefragt, wie man kirchlicherseits zu einer Weiterverpachtung stünde.

Die Antwort der Kirchenleitung in Darmstadt lautete:

Wir verpachten nicht mehr an Juden
und ersuchen Sie deshalb, auch das jetzt noch bestehende
Pachtverhältnis mit dem Juden Bamberger zu lösen.

1936 kam es zur Zwangsversteigerung von Haus und Grundbesitz.

Am Tag vor der für Donnerstag, den 20. August, angesetzten Versteigerung hat Julius Bamberger sich allein aus Lich abgemeldet. Er flüchtete nach Johannesburg, Südafrika.

Otto Hummel, der neue Besitzer, ließ die im Haus Zurückgebliebenen weiter im Haus wohnen, bis sie am 6. Oktober nach Frankfurt gingen und dort eine kleine Wohnung in der Rotteckstraße 10 mieten konnten,

Im Januar 1939 konnte Irene mit den Kindern von Frankfurt aus über Hamburg ebenfalls nach Johannesburg zu ihrem Mann flüchten.

Johanna Mayer blieb in Frankfurt alleine zurück.

Vom 20 Juni 1939 gibt es eine Glückwunschkarte von Johanna Mayer zum Geburtstag ihrer Enkelin Renate.

Meine l[iebe] Renate, zu Deinem Geburtstage, welchen Du das Erste Mal ohne mich feierst, sende ich aus der Ferne meine herzlichste Gratulation. Mögest Du, mein l[iebes] Geburtstagskind zu unsrer aller Freude ein großes tüchtigs Mädchen werden. Wenn Du s.G.w. [„so Gott will“] wieder Geburtstag hast, kann ich Dir die Wünsche vielleicht persönlich überbringen. Frau Rosenthal kommt ungefähr am 16.7. dort an und bring für Dich und l[ieben] Hugo auch Chokolade mit.
Bleibet schön gesund, seid 1000mal herzinnig geküsst von

Eurer Oma

Adressiert ist die Karte an ein jüdisches Kinderheim in Johannesburg, in dem Renate und Hugo Aufnahme gefunden hatten, bis die Eltern für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen und die Kinder wieder zu sich nehmen konnten.

Alle Bemühungen von Tochter Irene, Mutter Johanna mit Hilfe des Roten Kreuzes nach Johannesburg zu holen, blieben vergeblich.

Am 22. 11. 1941 wurde Johanna Mayer nach Kowno deportiert und am 25.11.1941 ermordet.

Johanna Mayer wurde 63 Jahre alt. Ihre Enkel wiederzusehen war ihr nicht mehr vergönnt.

Auch Ludwig Bamberger und der gemeinsamen Mutter Rosa Bamberger, geborene Borngässer, gelang die Flucht nicht. Für beide wurden 2019 Stolpersteine vor dem Haus Oberstadt 26 verlegt.

Julius und Irene Bamberger starben beide 1957 in Johannesburg, Irene am 30. Oktober mit 54 Jahren, Julius am 26.Dezember mit 59 Jahren.
Nach oben scrollen